Die verbindlichen Beimischquoten für alternative Kraftstoffe zu fossilen Energieträgern sollen schrittweise so schnell wie möglich auf 100 % erhöht werden.
Um das zu ermöglichen sollte bei der Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate der Bundesregierung 10 mehr Gewicht auf die Skalierung europäischer Erneuerbare-Energie-Projekte und entsprechende Kooperation gelegt werden. Zudem muss die staatliche Abnahme von E-Fuels in der jetzigen Anfangsphase zugesichert werden.
Aktuell werden laut EU-Verordnungen für den Luftverkehr 70 % und für den Schiffsverkehr 80 % an Beimischquoten in 2050 gefordert.2 Bis dahin muss Deutschland längst klimaneutral sein und mit einer 100 % Quote lässt sich das effektiv sicherstellen.
Aufgrund der extremen Knappheit von E-Fuels, auch nach 2030,2 6 braucht es eine Intensivierung der Kooperationen mit geografisch naheliegenden Ländern mit Überschuss an erneuerbarem Strom. Europa hätte genug davon und könnte seinen Wasserstoffbedarf zu wettbewerbsfähigen Preisen größtenteils aus heimischer Produktion decken.3 Eine entsprechende Priorisierung europäischer Kooperation macht die europäische Industrie unabhängiger von Importen aus Drittstaaten und stärkt somit die Resilienz.
Da die Quote an sich nicht ausreichend Großinvestitionen in die E-Fuel-Produktion anreizt, braucht es zur Quotenerfüllung staatliche Abnahmegarantien für die finalen E-Fuels.1 So wird Planungssicherheit geschaffen und Investitionen in die vorhandene E-Fuel-Produktionstechnologie werden angereizt, sodass die industrielle Skalierung deutlich vor 2030 starten kann.
Europa hat das technische Potential sich 2050 zu einem Großteil selbstständig mit genug erneuerbarem Strom und damit grünem Wasserstoff zu versorgen. Norwegen, Spanien und Frankreich haben die größten Potentiale für die Produktion von erneuerbarer Energie.
Quelle: Fraunhofer ISI et al. (2023)
Nahezu alle MENA-Länder (Middle East, North Africa) weisen ein großes technisches Potenzial an erneuerbaren Energien auf, welches eine wirtschaftliche Produktion von Wasserstoff und synthetischen Folgeprodukten ermöglicht.
Quelle: BEniVer (2020)
Die Maßnahme hat so ein geringes THG-Reduktionspotential, weil das Angebot an E-Fuels knapp bleibt und den Bedarf nicht decken kann bis 2045.
Quelle: PIK (2023)
Die Maßnahme hätte bei Berücksichtigung von internationalen Luft- und Schiffsverkehrsemissionen, die Deutschland angerechnet werden können, deutlich mehr THG-Reduktionspotential als nur bei nationaler Betrachtung.
Quelle: Transport & Environment (2022)
Die 100 % Quotenerfüllung im Luftverkehr inkl. internationaler Emissionen ist nur machbar, wenn die Emissionen durch einen Rückgang der Nachfrage bis 2050 um rund zwei Drittel reduziert werden.
Quelle: Transport & Environment (2022)
Ausführliche Maßnahmenbeschreibung
Alternative Kraftstoffe sind konventionelle Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse, fortschrittliche Biokraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen sowie strombasierte synthetische Kraftstoffen (Renewable Fuels of Non Biological Origin, RFNBO oder regenerative E-Fuels). Zu den E-Fuel zählen Wasserstoff, synthetisches Methan (ähnlich Erdgas) und flüssige Kraftstoffe wie E-Diesel/Methanol oder verflüssigtes E-Ammoniak.
Der erste Teil der Maßnahme sieht die schnellstmögliche Erhöhung der Beimischquote alternativer Kraftstoffe auf 100 % vor. Der Zeitpunkt hängt davon ab, wie schnell und effektiv der zweite Teil der Maßnahme realisiert wird und damit das Angebot an regenerativen E-Fuels gesteigert werden kann. Zudem ist die 100 % Quotenerfüllung im Luftverkehr nur machbar, wenn die Nachfrage reduziert wird.
Hinsichtlich der Anforderung an die beizumischenden Kraftstoffe wird aktuell laut der EU-Verordnung ReFuelEU Aviation im Luftverkehr bei der Beimischquote von 70 % in 2050 nur 35 % RFNBO gefordert. Und laut der EU-Verordnung FuelEU Maritime wird im Schiffsverkehr bei der Beimischquote von 80 % in 2050 lediglich 2 % RFNBO gefordert.2 Das heißt der überwiegende Anteil kann durch Biokraftstoffe bedient werden. Diese bleiben aber grundsätzlich sehr limitiert. Daher braucht es neben der Steigerung der Quote auf 100% auch eine deutliche Steigerung der RFNBO-Unterquoten.8 Für Biokraftstoffe braucht es tendenziell eine Begrenzung, da sie viel Fläche brauchen und nicht auf nachhaltige Weise in der Produktion skaliert werden können7 sowie Unsicherheiten bei der Treibhaugasbilanzierung bergen. Die Begrenzung kann in Form von Maximalquoten erfolgen und sollte auf jeden Fall eine doppelte Anrechnung für fortschrittliche Biokraftstoffe zur Erfüllung der Quote untersagen, wie es gemäß EU Energie Richtlinie RED III erlaubt ist.
Beim zweiten Teil der Maßnahme sollte produktionsseitig mehr Gewicht auf die Skalierung europäischer Erneuerbare-Energie-Projekte und entsprechende bilaterale Kooperationen gelegt werden. So kann Deutschland mit Überkapazitäten der Nachbarländer für die energieintensive E-Fuel-Produktion versorgt werden. Zudem sollen die hohen Investitionskosten, die mit den Anlagen der ersten Generation einhergehen, durch langfristige staatliche Abnahmeverträge im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen aufgefangen werden. Finanziert werden könnte eine solche Abnahmegarantie aus einem sektorspezifischen Umlagesystem, beim Luftverkehr z.B. mit einer entfernungsabhängigen, zweckgebundenen Abgabe in Anlehnung an die Luftverkehrsteuer. Mögliche Umsetzungsmodelle sollen detaillierter in H2 2024 von der Arbeitsgruppe Sustainable Aviation Fuels (AG SAF), welche Teil des Arbeitskreises klimaneutrale Luftfahrt (AK KL) der Bundesregierung ist, ausgearbeitet werden. Die Arbeitsgruppe schlägt auch weitere Teilmaßnahmen vor.1
Hintergrund
Potentiale
Die Substitution von rohölbasierten Kraftstoffen durch synthetische Alternativen kann dabei helfen, die Abhängigkeit von Öl-Importen deutlich zu reduzieren sowie geopolitische Machtverhältnisse durch den Aufbau erneuerbarer Energieproduktion, neuer Wertschöpfungsketten und Energiepartnerschaften zu verändern und somit resiliente Versorgungsstrukturen aufzubauen.
Quelle: BMUV
Risiken
Gunstregionen, wo Erzeugungsanlagen für erneuerbaren Strom für die E-Fuel-Produktion errichtet werden, könnten sich den grünen Strom in ihren Nationalinventaren anrechnen, obwohl es für den Export bestimmt ist. Das würde die globale THG-Bilanzierung verfälschen.
Quelle: GermanZero (2024)
E-Fuel-Projekte sollen primär mit zusätzlichen Erzeugungsanlagen für erneuerbaren Strom betrieben werden. Zudem sollte das Wasser in den häufig sehr ariden Regionen aus Mehrwasserentsalzungsanlagen gewonnen werden. Anderenfalls drohen Zielkonflikte und eine Ausbeutung der Gunstregionen.
Quelle: Agora Verkehrswende (2023)
Wenn die E-Fuel-Produktion nicht schnell genug aufgebaut und skaliert wird, gibt es nicht ausreichend E-Fuels. Folglich können die ambitionierten Quoten nicht erfüllt werden.
Quelle: Agora Verkehrswende (2023)
Eine auf deutsche Flughäfen beschränkte Beimischungsverpflichtung kann aufgrund des deutlich höheren Preises zu Wettbewerbsnachteilen bei in Deutschland (DE) beheimateten Airlines führen. Passagierströme könnten sich verstärkt von DE-Hubs zu Non-DE-Hubs, an denen geringere Beimischungsverpflichtungen bestehen, verlagern, insbesondere in Grenzregionen. Verluste an wirtschaftlicher Wertschöpfung und Verlagerung von Emissionen (Carbon Leakage) können die Folge sein. Daher sollte die Erhöhung der Quoten vorzugsweise auf EU-Ebene implementiert werden.
Quelle: GermanZero (2024)
BMDV (Bundesministerium für Digitales und Verkehr, 2024): Ergebnisse des Arbeitskreises klimaneutrale Luftfahrt - Zentrale Handlungsfelder auf dem Weg zu einem umwelt- und klimaschonenden Luftverkehrssystem der Zukunft.
Agora Verkehrswende (2023): E-Fuels zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Was strombasierte synthetische Kraftstoffe für die Energiewende im Verkehr leisten können – und was nicht.
Fraunhofer ISI (Institut für System- und Innovationsforschung), RIFS Potsdam, Deutsche Energie-Agentur (2023): Mobilizing Europe’s Full Hydrogen Potential: Entry-Points for Action by the EU and its Member States. HYPAT Discussion Paper 05/2023.
BEniVer (Verbundvorhaben Begleitforschung Energiewende im Verkehr, 2020): Begleitforschung Energiewende im Verkehr. Kurzbeschreibungen der Forschungsprojekte zur Statuskonferenz vom 03. bis 05.11.2020
BMUV (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz): Alternative Kraftstoffe.
PIK (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 2023): E-Fuels wahrscheinlich noch lange knapp: PIK Analyse-Papier.
Transport & Environment (2022): Der wahre Klimaeffekt des deutschen Luft- und Seeverkehrs. Eine Roadmap zur Erreichung der Klimaneutralität.
UBA (2024): Abschlussbericht. Begleitung der kraftstoffbezogenen Legislativvorhaben auf europäischer Ebene und Konzeption der Umsetzung in nationales Recht
BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 2024): Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate
Sterner, Michael / Stadler, Ingo (2020): Energiespeicher - Bedarf, Technologien, Integration.
Zuständige Bundesminister:innen
Bundestagsabgeordnete aus den zuständigen Ausschüssen
BMDV (Bundesministerium für Digitales und Verkehr, 2024): Ergebnisse des Arbeitskreises klimaneutrale Luftfahrt - Zentrale Handlungsfelder auf dem Weg zu einem umwelt- und klimaschonenden Luftverkehrssystem der Zukunft.
Agora Verkehrswende (2023): E-Fuels zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Was strombasierte synthetische Kraftstoffe für die Energiewende im Verkehr leisten können – und was nicht.
Fraunhofer ISI (Institut für System- und Innovationsforschung), RIFS Potsdam, Deutsche Energie-Agentur (2023): Mobilizing Europe’s Full Hydrogen Potential: Entry-Points for Action by the EU and its Member States. HYPAT Discussion Paper 05/2023.
BEniVer (Verbundvorhaben Begleitforschung Energiewende im Verkehr, 2020): Begleitforschung Energiewende im Verkehr. Kurzbeschreibungen der Forschungsprojekte zur Statuskonferenz vom 03. bis 05.11.2020
BMUV (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz): Alternative Kraftstoffe.
PIK (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 2023): E-Fuels wahrscheinlich noch lange knapp: PIK Analyse-Papier.
Transport & Environment (2022): Der wahre Klimaeffekt des deutschen Luft- und Seeverkehrs. Eine Roadmap zur Erreichung der Klimaneutralität.
UBA (2024): Abschlussbericht. Begleitung der kraftstoffbezogenen Legislativvorhaben auf europäischer Ebene und Konzeption der Umsetzung in nationales Recht
BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 2024): Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate
Sterner, Michael / Stadler, Ingo (2020): Energiespeicher - Bedarf, Technologien, Integration.
Zuständige Bundesminister:innen
Bundestagsabgeordnete aus den zuständigen Ausschüssen