Der Sektor Finanzwirtschaft umfasst die Beschaffung, Verwaltung und Verwendung von finanziellen Mitteln innerhalb von Unternehmen, Privathaushalten und des Staates. Im Gegensatz zu anderen Sektoren hat die Finanzwirtschaft in der Klimawende eine besondere Rolle, da 75% der Sektor-Emissionen nicht aus dem direkten Betrieb der Finanzwirtschaft resultieren, sondern aus den Wirtschaftsaktivitäten, die sie finanzieren. Es handelt sich um indirekte Emissionen und dabei werden noch im großen Maßstab fossile Aktivitäten, beispielsweise über Kredite, finanziert.[1]
Das Ziel muss es sein, klimaschonende und -schützende Aktivitäten zu finanzieren, das heißt Aktivitäten mit möglichst geringem Treibhausgasausstoß oder sogar mit negativen Emissionsbilanzen. Zur Klassifizierung sollten zudem Standards wie die EU-Taxonomie beitragen. Wirtschaftlichen Aktivitäten, die ihre Emissionen reduzieren und/oder als nachhaltig klassifiziert sind, sollten günstigere Finanzierungskonditionen bekommen.
Dafür braucht es Richtlinien, Vorgaben und Anreize. Zum Beispiel geht es um die einheitliche Kennzeichnung von Finanzprodukten, die transparente Bereitstellung von Daten über Klimaauswirkungen und die nachhaltige Kreditvergabe.
Herausfordernd ist, dass Standardisierungsinitiativen wie die EU-Taxonomie auch Erdgas und Atomkraft unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig einstufen.[2] Weiterhin werden bislang lediglich 9,4% der privaten oder institutionellen Anlagen anhand von Nachhaltigkeitskriterien verwaltet.[3]
Am effektivsten ist der Stopp von fossilen Finanz- und Investitionspraktiken und Umlenkung dieser Finanzmittel in die sozial-ökologische Transformation. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund relevant, dass die Transformation sehr umfangreiche finanzielle Mittel benötigt - bis 2045 müssen in Deutschland ca. 5 Billionen Euro bereitgestellt werden - und ein Großteil bereits durch Umlenkung abgedeckt werden kann.[4] Dementsprechend liegt das Augenmerk darauf, gesetzliche Rahmenbedingungen auf den Weg zu bringen, die die Finanzierung von emissionsintensiven Aktivitäten schnellstmöglich unterbinden und klimaneutrale Investitionen fördern.
Quellen:
[1] Deloitte and International Banking Federation (2022): Banking on climate neutrality. https://www2.deloitte.com/de/de/pages/financial-services/articles/banken-klimaneutralitaet.html
[2] Science Media Center Germany (2022): EU-Parlament stimmt für Aufnahme von Gas- und Atomkraft in die Taxonomie. https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/rapid-reaction/details/news/eu-parlament-stimmt-fuer-aufnahme-von-gas-und-atomkraft-in-die-taxonomie/
[3] Umweltbundesamt (2022): Marktdaten: Finanzen. https://www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-konsum/konsum-produkte/gruene-produkte-marktzahlen/marktdaten-bereich-finanzen#grune-bzw-nachhaltige-geldanlagen
[4] KfW (2023): Das Jahrzehnt der Investitionen. https://www.kfw.de/Über-die-KfW/Berichtsportal/Jahrzehnt-der-Investitionen/
Kurzbeschreibung:
Die Finanzministerien der Länder müssen konkrete Nachhaltigkeitskriterien bei den Anlagen für Pensionsfonds priorisieren. Eine Orientierung zur Einordnung kann dabei die EU-Taxonomie [1] bieten. Zwingend notwendig ist ein Verbot von Investitionen in Wirtschaftszweige, Sektoren und Unternehmen, deren Aktivitäten direkt oder indirekt große Mengen Treibhausgasen emittieren.
Argumentation:
Viele deutsche Pensionsfonds der Länder investieren direkt oder indirekt in fossile Energien und widersprechen damit den Klimazielen. In Deutschland betrug das finanzielle Gesamtvolumen der Pensionsfonds im Jahr 2019 über 500 Milliarden Euro.[2] Dieses Geld wird überwiegend in breit gestreute Indizes investiert ohne Klimaschutz oder soziale Kriterien zu berücksichtigen. Aufgrund der großen Kapitalmenge kann von einer hohen Lenkungswirkung ausgegangen werden, sofern gezielt in CO2 arme Anlagen investiert werden würde.
Wissenswertes:
Pensionsfonds oder Pensionskassen sind rechtlich eigenständige Versorgungseinrichtungen, die Versorgungsleistungen für beispielsweise Feuerwehrleute, Lehrer*innen oder Justizbeamte im Ruhestand oder bei Erwerbsminderung gewähren. Die Pensionsfonds der Bundesländer sollen sicherstellen, dass die Renten gezahlt werden können. Die Fonds werden aus den Haushalten der Länder finanziert, was bedeutet, dass letztlich die Bürger:innen dafür zahlen.[3] [5]
Acht von 16 Bundesländern investierten 2023 direkt in klimaschädliche Industrien oder indirekt über Großbanken. Hessen unterstützte die Autoindustrie in 2023 mit rund 105 Millionen Euro. Schleswig-Holstein und Berlin investierten indirekt über die französische Großbank BNP Paribas.[3]
Sachsen-Anhalt ist unter den Spitzenreitern. Das Land investiert mehr als 58 Millionen Euro in weltweit führende Gas- und Erdölkonzerne wie BP, Exxon oder TotalEnergies. Weiterhin rund 30 Millionen Euro in internationale Großbanken wie Deutschen Bank, JP Morgan Chase oder BNP Paribas[3] - damit finanziert das Land indirekt den Ausbau fossiler Energien, denn die Banken zählen zu den größten Investoren fossiler Industrien.[4]
Quellen:
[1] EU-Verordnung 2020/852. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32020R0852
[2] Deutsche Bundesbank (2024): Aktiva und Passiva der Pensionseinrichtungen in Deutschland. https://www.bundesbank.de/resource/blob/650486/4f8eb2dd0ab133e5f965366d74a5ef64/mL/statistik-pensionseinrichtung-data.xlsx
[3] CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH (2023): Wie Beamtenpensionen die Klimakrise befeuern. https://correctiv.org/aktuelles/klimawandel/2023/05/11/fossile-energien-pensionsfonds-klimakrise/
[4] urgewald e.V. (2023): Die größten Banken der Welt finanzieren weiterhin mit Milliarden den Ausbau fossiler Brennstoffe. https://www.urgewald.org/medien/neuer-bericht-groessten-banken-welt-finanzieren-weiterhin-milliarden-ausbau-fossiler
[5] Deutsche Pensions- & Investmentnachrichten, dpn (2024): Pensionsfonds im Dienste ihrer Länder. https://www.dpn-online.com/news/pensionsfonds/pensionsfonds-im-dienste-ihrer-laender-131542/
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Kurzbeschreibung:
Die Maßnahme sieht vor, die Risikogewichtung von neuen fossilen Aktiva, die von Banken gehalten werden, auf 1250% zu erhöhen und zu vereinheitlichen. Damit müssten Banken Kredite an oder Wertpapiere von fossilen Unternehmen zu 100% mit Eigenkapital unterlegen (ggü. max. 12% aktuell). Für bestehende Kreditengagements in den Bilanzen der Banken könnte ein Risikogewicht von 150% oder mehr eingeführt werden.
Argumentation:
Mit einer vollständigen Eigenkapitalunterlegung würde das Geschäft mit fossilen Aktiva für Banken weniger rentabel bzw. unrentabel werden, da die Kapitalkosten für sie um ein Vielfaches höher wären als die zu erwartende Rendite aus den Aktiva. Eine volle Eigenkapitalunterlegung würde laut Fitch Ratings dazu führen, dass betroffene Banken keine Kredite mehr für neue fossile Projekte vergeben würden.[1] Damit würde ein wesentlicher Finanzierungsfluss für die Förderung von Öl, Kohle und Gas versiegen und Emissionen würden im großen Maßstab reduziert werden. Nicht zuletzt ist der Regelungsumfang, der geändert werden muss, überschaubar.
Wissenswertes:
Risikogewichtung: Fossile Kredite stellen ein zunehmendes Risiko für den Finanzsektor dar. Dieses besteht zum einen darin, dass die Kreditrisiken von fossilen Unternehmen steigen, da deren fossile Investitionsgüter (z.B. Kohleminen, Ölfelder, Bohrrechte) durch den Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft einem signifikanten Wertverlust ausgesetzt sind (sog. stranded assets). Dies kann vor allem durch die abrupte und koordinierte Verschärfung von Klimagesetzgebungen eintreten, bspw. mittels Einführung eines globalen CO2-Preises. Zum anderen tragen fossile Engagements zur Verschärfung der Klimakrise sowie zu höheren physischen Risiken (z.B. durch Stürme, Starkregen, Überflutungen) bei. Beides kann im Extremfall eine Gefahr für die Finanzstabilität darstellen. Entsprechend muss diesen Risiken von den Banken Rechnung getragen werden.
Banken sind maßgeblich für die Finanzierung von Öl, Kohle und Gas. Die 60 weltweit größten Banken trugen in 2023 705 Mrd. USD zur Finanzierung von fossilen Unternehmen bei und insgesamt 6,9 Bio. USD seit der Unterzeichnung der Pariser Klimaverträge.[2]
Es dürfen keine neuen fossilen Quellen mehr erschlossen werden, um das 1,5 Grad-Ziel noch bis 2050 erreichen zu können.[3] Es gibt weltweit jedoch noch 169 Projekte zur Erschließung neuer fossiler Brennstoffe, die jeweils mehr als 1 Gigatonne potenzieller CO₂-Emissionen freisetzen könnten, sogenannte Carbon Bombs. Das Gesamtemissionspotenzial liegt bei über 169 Gigatonnen CO₂.[4]
Quellen:
[1] FitchRatings (2022): Proposed Fossil Fuel Penalties for EU Banks Likely to Be Challenged. https://www.fitchratings.com/research/banks/proposed-fossil-fuel-penalties-for-eu-banks-likely-to-be-challenged-21-09-2022
[2] Rainforest Action Network (RAN) / BankTrack / Center for Energy, Ecology, and Development / Indigenous Environmental Network (IEN) / Oil Change International (OCI) / Reclaim Finance / Sierra Club / Urgewald (2024): Banking on Climate Chaos. Fossil fuel finance report 2024. https://www.bankingonclimatechaos.org/wp-content/uploads/2024/05/BOCC_2024_vF1.pdf
[3] IEA (2023): CO2 Emissions in 2023. Executive Summary. https://www.iea.org/reports/co2-emissions-in-2023/executive-summary
[4] Kühne, Kjell / Bartsch, Nils / Tate, Ryan Driskell / Higson, Julia / Habet, André (2022): “Carbon Bombs” - Mapping key fossil fuel projects. In: Energy Policy. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301421522001756