Deutschland kann einen erheblichen Beitrag zur globalen Emissionsminderung leisten, indem es andere Länder bei der Emissionsvermeidung und Dekarbonisierung unterstützt. Aus den historischen Emissionen Deutschlands und seiner finanziellen und wirtschaftlichen Stärke erwächst eine besondere Verantwortung, die internationale Klimapolitik zu stärken.
Deutschland trägt Verantwortung sowohl für seine aktuellen als auch für seine historischen Emissionen und hat im globalen Vergleich sehr hohe Kapazitäten für den Klimaschutz. Daher sollte Deutschland eine Führungsrolle in der Klimaaußenpolitik zur globalen Emissionsminderung einnehmen.
Ein zentraler Punkt ist die Verantwortung, die sich aus Deutschlands historischen Emissionen ergibt. Bei der Berechnung von CO2-Restbudgets auf Basis des Pariser Abkommens werden historische Emissionen üblicherweise nicht berücksichtigt. Unter Berücksichtigung der historischen Emissionen hat Deutschland - wie auch andere Länder des Globalen Nordens - sein kollektives CO2-Budget für die 1,5°C-Grenze bereits 1989 ausgeschöpft [1]. Deutschland hat heute kein CO₂-Restbudget mehr, sondern eine “carbon debt” [*] von ca. 12 Gt CO2 [3]. Das bedeutet, dass Deutschland durch seine frühen hohen Emissionen den Ländern des Globalen Südens die Möglichkeit genommen hat, fossile Energieträger für ihre wirtschaftliche Entwicklung zu nutzen. Daraus ergibt sich unmittelbar die Verantwortung, diese Länder bei einer klimaneutralen ökonomischen Entwicklung zu unterstützen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vermeidung der Externalisierung von Klimaschäden. Auch wenn die Emissionen in Deutschland sinken, steigen sie global weiterhin an [5]. Eine rein nationale Klimapolitik kann zu einer Verlagerung der Emissionen in Länder mit schwächeren Klimaschutzauflagen führen. Um dies zu verhindern, muss Deutschlands Klimapolitik daher auf einer globalen Wirkungslogik basieren. Bereits heute bilden Deutschlands Inlandsemissionen, auf denen das Restbudget basiert, nur 82 % der durch Deutschland verursachten Emissionen ab [2]. Hinzu kommen 151 Mt CO2 (Stand 2021) aus der Produktion von Importgütern, die in Deutschland konsumiert werden [2].
Schließlich verfügt Deutschland über fachliche, technologische und finanzielle Ressourcen, die zur globalen Eindämmung der Klimakrise dringend benötigt werden. Laut dem UN-Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen (UNFCCC) von 1992 tragen alle Länder die gemeinsame Verantwortung, den Klimawandel zu bekämpfen. Diese Verantwortung ist jedoch unterschiedlich, je nach historischen Emissionen und den jeweiligen Fähigkeiten eines Landes. (Common but Differentiated Responsibilities and Respective Capabilities). Daraus ergibt sich ebenfalls die Notwendigkeit, dass Deutschland eine Vorreiterrolle im globalen Klimaschutz einnimmt.
Aktive Beteiligung an internationalen Bündnissen zum Abbau fossiler Subventionen wie dem Glasgow-Statement oder der Beyond Oil and Gas Alliance.
Aufbau iilateraler Klimapartnerschaften mit asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern. So kannDeutschland die Verbreitung erneuerbarer Energien in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen unterstützen.
Erhöhung des deutschen Beitrags zur pluri- und multilateralen Finanzierung von Klimaschutz über UNFCCC und den Green Climate Fund in Ländern des Globalen Südens.
Einsatz für eine internationale Schuldenstrategie zur Entlastung hoch verschuldeter Länder. Klimafinanzierung sollte nicht zur weiteren Verschuldung führen; Schuldenerlasse sind notwendig.
Etablierung internationaler Standards für den wirkungsvollen Einsatz von CO2-Abscheidung und –Speicherung. Um die permanente sowie ökologisch und gesundheitlich unbedenkliche Speicherung sicherzustellen, sind internationale Standards zur Messung, Berichtserstattung und Validierung unverzichtbar. Es muss ausgeschlossen werden, dass Carbon Capture and Storage (CCS) eingesetzt wird, um die CO2-Emissionen vermeidbarer fossiler Energieproduktion abzuscheiden und zu speichern, da dies Anreize zur Verlängerung fossiler Geschäftsmodelle setzen würde.
Nutzung von Nature-based Solutions (NBS) zum Ausgleich überschüssiger Emissionen. NBS umfassen Maßnahmen wie Wiederbewaldung, Pyrolyse und Algenfarmen. Wenn Deutschland überschüssige Emissionen international ausgleichen möchte, bieten diese Lösungen zusätzliche Vorteile wie Biodiversitätserhalt und nachhaltiges Wachstum. Ein solcher Ausgleich darf jedoch nicht die Reduktion von Emissionen innerhalb Deutschlands verzögern. Notwendig sind: Zusätzlichkeit, gesicherte und tatsächliche messungsbasierte CO2-Absorption, Langfristigkeit, klare Vertragsstrafen und regelmäßiges sowie standardisiertes Monitoring.
Hinweis: Die vorgestellten Maßnahmen werden nach einer Weiterentwicklung der Plattform in einer ausführlicheren Version auf MappingZero zu finden sein.
[1] Fanning, A.L., Hickel, J. Compensation for atmospheric appropriation. Nat Sustain 6, 1077–1086 (2023). https://doi.org/10.1038/s41893-023-01130-8
[2] Global Carbon Budget (2023) – with major processing by Our World in Data. “Consumption-based emissions – GCB” [dataset]. Global Carbon Project, “Global Carbon Budget” [original data]. https://ourworldindata.org/co2/country/germany#consumption-based-accounting-how-do-emissions-compare-when-we-adjust-for-trade
[3] Matthews, H. Quantifying historical carbon and climate debts among nations. Nature Clim Change 6, 60–64 (2016). https://doi.org/10.1038/nclimate2774
[4] Schmidt, M., Nill, M., Scholz, J., Die Bedeutung der Lieferkette für den Klimafußabdruck von Unternehmen, Wiley (2021), https://doi.org/10.1002/cite.202100126
[5] Tertilt, M., Rechnet sich Deutschland seine CO2 Bilanz schön?, Quarks (2016), https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/rechnet-sich-deutschland-seine-co2-bilanz-schoen/#:~:text=Die%20Exportnation%20Deutschland%20produziert%20schlie%C3%9Flich,CO2%2DEmissionen%20exportiert%20als%20importiert.
[*] Carbon debt = Schuld, die Länder aufgrund historischer Emissionen gegenüber anderen weniger emittierenden Ländern anhäufen, weil ihre Emissionen den Pro-Kopf Anteil übersteigen.